Messung kultivierbarer Schimmelpilze in der Innenraumluft
Die quantitative Methode zur Bestimmung der kultivierbaren luftgetragenen Pilzsporen in der Innenraumluft ist die am weitesten verbreitete Methode zur Erfassung von Schimmelpilzen in Gebäuden. Sie stellt eine Momentaufnahme der Schimmelpilzkonzentration in der Raumluft dar.
Die Methode beruht darauf, dass die kultivierbaren Schimmelpilzsporen nach geeigneter Sammlung auf Agarnährböden an gezüchtet werden. Dadurch werden sie makroskopisch auszählbar. Sie werden als Gesamtzahl der koloniebildenden Einheiten pro Luftvolumen (Gesamt-KBE/m3) angegeben. Der Vorteil dieser Methode ist, dass damit nicht nur eine Bestimmung der Gesamtkoloniezahl, sondern auch eine Differenzierung (Unterscheidung) der einzelnen vorhandenen Schimmelpilzarten möglich ist.
Geeignete Verfahren zum Sammeln von Schimmelpilzen aus der Luft sind die Filtration und die Impaktion. Dabei wird eine definierte Luftmenge mit einer Pumpe angesaugt, und die in der Luft enthaltenen Schimmelpilzsporen werden auf einem Filter (Filtration) oder direkt auf dem Nähr-medium (Impaktion) abgeschieden. Das Nährmedium wird je nach Fragestellung bei einer definierten Temperatur ca. 7 Tage bebrütet. Anschließend werden die sich bildenden Kolonien ausgezählt.
Um unterscheiden zu können, ob eine Schimmelpilzbelastung auf eine innerhalb oder außerhalb der Wohnung liegende Quelle zurückzuführen ist, ist zeitgleich zur Messung der Innenraumluft auch die
Außenluft zu untersuchen. Die Außenluftprobenahme sollte möglichst auf der dem Wind zugewandten Seite (Luv-Seite), am besten 0,5 m vor dem Fenster durchgeführt werden. Es sollte möglichst keine Probenahme bei Regenwetter und erhöhten Windstärken durchgeführt werden, da dies die Ergebnisse der Gesamt-KBE-Bestimmungen beeinflussen kann. Wenn eine Verschiebung des Messtermins nicht möglich ist, ist eine überdachte, windgeschützte Stelle auf der Windseite des Gebäudes zu wählen. Die jeweiligen Umgebungsbedingungen sind genau zu protokollieren.
Die Konzentration der Schimmelpilze in der Außenluft ist saisonalen und regionalen Schwankungen unterworfen. Außerdem können lokale Schimmelpilzquellen wie Biotonnen oder Komposthaufen
zu einer erhöhten Schimmelpilzkonzentration in der Außenluft beitragen. Der gleichzeitig mit der Innenraumluftmessung erhobener Außenluftmesswert erfasst die aktuelle Situation in der Außenluft. Damit kann abgeschätzt werden, ob die in der Innenraumluft nachgewiesenen Schimmelpilze aus der Außenluft stammen, oder aus einer Innenraumquelle kommen.
Darüber hinaus ist es hilfreich, eventuell vorhandene, für die Jahreszeit und die Wohngegend typische Außenlufterfahrungswerte bei der Beurteilung heranzuziehen. Damit können auch unge-wöhnliche Belastungen in der Außenluft (z.B. durch Komposthaufen) des aktuell untersuchten Gebäudes erkannt werden.
Bei der Innenraumluftprobenahme kann während der Probenahme das Ergebnis durch die Zahl der Personen und ihre Aktivitäten beeinflusst werden. In dem zu untersuchenden Raum sollten 8 – 12 Stunden vor der Messung die Fenster geschlossen bleiben, so dass das aktuelle Keimspektrum im Innenraum nicht zu stark durch die Außenluft beeinflusst wird.
Außer der Messung der Konzentration der Schimmelpilze in der Innen- und Außenluft ist die Bestimmung der dominierenden Gattungen oder Arten der Schimmelpilze von großer Bedeutung als Hinweis für die mögliche Ursache erhöhter Schimmelpilzkonzentrationen sowie zur Abschätzung der gesundheitlichen Gefährdung.
Das Untersuchungsergebnis hängt vor allem von folgenden Einflussfaktoren ab (die Reihenfolge sagt nichts über die Bedeutung dieses Parameters aus):
· Ansaughöhe
· Ansaugvolumen, Ansaugzeit
· Sammelprinzip und Art des Luftkeimsammlers
· Nachweis und Bestimmungsmethode
· Belegung, Raumnutzung, Aktivität
· Belüftung (Belüftungsart, Luftwechsel)
Normalerweise wird die Innenraumluft in 1 bis 1,5 m Höhe untersucht. Aus statistischen Gründen sollten mehrere Parallelmessungen eventuell mit unterschiedlichen Volumina durchgeführt werden (siehe unten). Geeignet sind Impaktionsverfahren, mit denen Partikel von 1 μm noch gut erfasst werden können. Als Nährmedien werden DG 18-Agar (allgemein) und Malzextraktagar (für bestimmte Schimmelpilze wie Stachybotrys, Chaetomium) empfohlen.
Aus dem Vergleich der in der Innenraumluft und in der Außenluft erhaltenen Messwerte kann meist festgestellt werden, ob es im Innenraum eine Schimmelpilzquelle gibt. Eine Schimmelpilzquelle ist dann im Innenraum zu vermuten, wenn die Anzahl der Schimmelpilze im Innenraum deutlich über der Anzahl der Schimmelpilze in der Außenluft liegt und/oder die Zusammensetzung der Arten im Innenraum deutlich von der Zusammensetzung der Arten in der Außenluft abweicht.
Die Beantwortung der Frage, ob eine Schimmelpilzquelle im Innenraum vorliegt, wird in der Praxis aber oft erschwert, da
· mikrobiologische Bestimmungen mit einer hohen Streuung behaftet sind. Schimmelpilzsporen sind in der Luft nicht gleichmäßig verteilt, sondern ihre Verteilung hängt von den unterschiedlichsten Parametern (z. B. Luftzirkulation, Bewegungen im Raum, relative Feuchtigkeit) ab. Daher sind einzelne Schimmelpilzmessungen mit einem großen Unsicherheitsfaktor behaftet. Es wird empfohlen mehrere Parallelmessungen durchzuführen.
· die bisherigen Messverfahren weitgehendst auf Kurzzeitmessungen (meist 5–15 min.) basieren und trotz Mehrfachmessungen eine verallgemeinernde Einschätzung nur bedingt möglich ist.
· nicht alle vorhandenen Schimmelpilze kultivierbar sind. Manche Schimmelpilzarten wachsen sehr schlecht auf den Nährmedien, besonders, wenn sie unter Stressbedingungen (z.B. längeres Austrocknen) überleben müssen. Je nach Zusammensetzung der Schimmelpilzpopulation können kulturell auf Nährböden deutlich weniger Schimmelpilze nachgewiesen werden als wirklich vorhandenen sind. Die Ermittlung der Gesamtsporenkonzentration, die unabhängig vom Wachstum auf Nährmedien ist, kann diesem Problem Rechnung tragen.
Quelle: Leitfaden zur Vorbeugung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung von Schimmelpilzwachstum in Innenräumen („Schimmelpilz-Leitfaden“) 2002
Erstellt durch die Innenraumlufthygienekommission des Umweltbundesamtes
Jaletzke
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